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  • AutorenbildKarolina Kulik

Jahresrückblick 2021

Und wiedereinmal neigt sich ein Jahr dem Ende und ich nutze die Gelegenheit zurückzublicken, das Geschehene Revue passieren zu lassen und zu bewerten.

Karolina Kulik, Architektin in Darmstadt.

Eine kurze Statistik unseres kleinen Büros: In diesem Jahr haben wir fünfzehn Bestandskunden bedient, vier Bauanträge eingereicht und fünf Baustellen geführt. Aus Kapazitätsgründen konnten wir nur drei kleine neue Aufträge annehmen und haben die meiste Energie auf die Bewältigung laufender Projekte aufgewendet. Wir haben unseren Bauherren geholfen, etwa 700.000 € auszugeben. Und mit "wir" meine ich unser Team aus zwei Zeichnerinnen, einem Bauleiter, einer Aushilfe und meiner Wenigkeit. Weiter wirken an unserer Seite Statiker, Fachplaner, Energieberater und Vermesser. Und nicht zuletzt talentierte Handwerksbetriebe, erfahrene Macher und junge überaus engagierte Newcomer. Zusammengenommen also ganz schön viele Hände und Augenpaare, Teams von etwa 30 - 50 Personen je Vorhaben. Ich weiß nicht, ob man die Anstrengung der Beteiligten in physikalischen Einheiten messen kann, aber wenn, dann waren es einige Megajoule. Die IT-Abteilung von kulik architektur, bestehend aus meinem lieben Lebensgefährten, vermeldet einen Datenanstieg auf 140 GB in 8.468 Ordnern.



Unser Datenstand.


Übersetzen wir diese Daten in eine emotionale und gelebte Erinnerung:


Ein altes Haus ist wie eine Schachtel Pralinen - man weiß nie was man kriegt.

In einem etwa einhundert Jahre alten Haus haben wir in diesem Jahr sehr viel entkernt. Dabei schälten wir innen wie außen viele Schichten ab, die vorangegangene Generationen nach bestem Wissen und Gewissen gemäß der Technik ihrer Zeit gebaut haben. Dummerweise galt auch Asbest einst als wunderbarer Baustoff. Und so kam es, dass wir auf dieser Baustelle drei Mal Asbest-Entsorgungsarbeiten durchgeführt haben. Zu dieser Zeit habe ich anscheinend so viel zum Thema Asbest gegoogelt, dass mein Spam-Ordner sich immerzu mit Werbung für Asbest-Unterwäsche füllte. Ich weiß nicht genau wozu die gut ist, denn solche Emails öffne ich nicht. Doch am Abklingen der Werbung konnte ich dann irgendwann ersehen, dass endlich alle Schadstoffe beseitigt waren und mit mir kein Geld mehr mit Schutzkleidung zu machen war.


Schleuse zur Asbestbaustelle.
Hinter dieser Schleuse fanden umfangreiche Asbest-Arbeiten statt.

Ein Haus, auf Sand gebaut

Ein Gebäude von besonders gebeutelten Bauherren hat im Spätherbst noch einmal richtig seine Zähne gezeigt. Eigentlich wollten wir nur eine kleine Bodenplatte nachträglich einbauen. Denn in zwei Räumen war der Boden uneben und kaputt, ohne jede Abdichtung und nicht als Untergrund für weitere Aufbauten geeignet. Wir haben dann an vier Stellen Probeöffnungen durchgeführt und die Tiefe der Fundamente festgestellt, denn wir kennen ja schon unsere lieben Altbauten und wollen den Überraschungen möglichst zuvorkommen. Alles geklärt, Bodenaufbau geplant, mit Statiker überprüft, auf los geht's los: Erdaushub in Handschachtung, also Schaufel für Schaufel, denn an einer solchen Stelle kann man nicht mit Baggern arbeiten. An allen Stellen, die wir nicht getestet haben, stand das Haus auf Sand. Also auf nichts - das Haus hatte an mehreren Stellen kein Fundament, und wir merkten es erst während des Aushubs. Am Ende ging alles gut aus, aber in der Nacht nach dieser Entdeckung habe ich wieder mal nicht geschlafen, und mir sind drei neue graue Haare gewachsen. Wir haben daraufhin alles gestoppt und eine Fundamentunterfangung nach DIN 4123 geplant. Mit dem Statiker geprüft, auf der Baustelle besprochen und dann haben wir wortwörtlich Stück für Stück neue tragende Fundamente untergearbeitet - in Handarbeit.


Fundamentunterfangung in Handarbeit und in kleinen Abschnitten.
Fundementunterfangung in Abschnitten.


"Im Haus wird nicht getanzt, bis der Träger getauscht ist!"

Unsere Handwerker, die tatkräftig und unerschrocken anpacken, überraschten mich dieses Jahr auch gerne immer wieder. Als ich zur Beaufsichtigung eines Trägertauschs im Schwellenbereich eines Holzanbaus ausrückte, wo ein tragender Balken von ehemals 28 cm Höhe auf der Höhe von 25 cm durchgefault war - richtig gelesen, das Haus stand auf sage und schreibe 3 cm Holzquerschnitt- wurde ich auf der Baustelle ankommend fröhlich mit den Worten begrüßt: "die Party ist schon vorbei, Frau Kulik!" Der kritische Part war abgearbeitet, das Holz sachgemäß eingesetzt, und der Träger sowie der Zimmermann lachten mich stolz auf diese Leistung an. Ich sagte nur: "Puh, unser Statiker sagte nur, in diesem Haus bitte nicht mehr tanzen bis der Träger getauscht ist". Und der Zimmermann gab zu, er habe auch nicht gut geschlafen und sei froh, dass alles nun erledigt ist.


Holzschwelle durchgefault.
Vor der Sanierung.
Eine geöffnete Holzbauwand mit einer sanierten Schwelle.
Nach der Sanierung.

Wer vermisst einen Regenschirm?

Es regnete fürchterlich. Ich traf mich zu einer Besprechung auf einem Grundstück, kurz vor dem Start eines Neubaus, mit den Kundinnen, Vertretern der Gemeinde, dem Erdbauer, dem Kellerbauer und dem Bauleiter des Bauträgers samt Assistenten. Einen solchen Termin verschiebt man nicht, weil es regnet.

Alle versteckten sich in ihren Kapuzen und unter aufgeklappten Kofferraum-Klappen, nur ich stand ungeschützt da. Da reichte mir der Bauhofleiter einen Regenschirm aus seinem Dienstfahrzeug mit den Worten: "Bitte schön, Frau Kulik, den schenke ich Ihnen." - "Vielen Dank, das ist ja total nett von Ihnen" - "Nicht der Rede wert, den hat jemand auf unserem Friedhof vergessen, und seit dem fährt der Schirm bei uns im Transporter mit". Das Gelächter war groß, die Baubesprechung gerettet. Wer also im November 2021 einen silbernen Regenschirm auf dem Friedhof der Gemeinde Fischbachtal liegen lassen hat - der wäre dann im Elfengrund abzuholen :).



Der "Friedhof-Fund-Regenschirm" lehnt am Auto der Kundinnen.

Ich danke allen, mit denen ich in diesem Jahr an den großen und kleinen Herausforderungen gearbeitet habe und freue mich auf neue Taten im kommenden Jahr.

 

Schöne Grüße, Karolina Kulik, Architektin












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